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Aus dem Programm

Sechs Wochen in Brasilien – ein Erfahrungsbericht

Die Anreise

Am 18. Juni trafen wir uns, um nach Brasilien für unser Praktikum zu fliegen. Wir sind Zoe, Moira, Barbara und Ayla. Am Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel ging unsere Reise um 14 Uhr nach Sao Paulo los. Nach dem Check-in mussten wir zur Sicherheitskontrolle. Der Flug von Hamburg verlief bis auf einen Gate Wechsel reibungslos, genauso wie der Umstieg In Frankfurt. Allerdings holte uns einige Stunden später das Unheil über Algerien ein. Eines der vier Triebwerke war ausgefallen, weshalb feststand, dass wir nicht über den Atlantik fliegen konnten. Zwar kann ein Flugzeug auch gut mit nur 2 Triebwerken fliegen, wie wir bei proTechnicale gelernt haben, allerdings ist eine Atlantiküberquerung laut Gesetz eindeutig nur mit 4 Triebwerken möglich. So kam es, dass wir um 5 Uhr morgens deutsche Zeit wieder in Frankfurt landeten. Um 5 Uhr gab es dann einen weiteren Flug nach Sao Paulo, mit dem wir sicher an unserem Ziel ankamen.

Die erste Praktikumswoche an der FEMA

Am Mittwoch begann unser Praktikum. Hier waren wir bei der Universität FEMA in dem Informatikbereich. Unser Professor konnte Englisch und daher fiel die Verständigung leicht. Er zeigte uns erstmal den Campus und die einzelnen Fächer, die an der Universität unterrichtet werden. Dazu gehörten neben Informatik auch Medizin, Physiotherapie, Jura, Chemie, Pharmazie, Marketing und Medien und Biochemie.

Uns wurden die Fachräume gezeigt, welche alle über eine ausgezeichnete Ausstattung verfügen. So gab es in der Medizin eine ausgiebige Anatomiesammlung mit nachgebauten Gehirnen oder Herzen und auch praktische Räume, in denen Dummies zur Übung lagen, um medizinische Eingriffe auszuprobieren.

Ebenfalls waren in der Physiotherapie Behandlungsräume vorhanden, in denen Studenten mit ausreichendem Kenntnisstand an Patienten üben und ihnen so helfen durften.

Nach der ausführlichen Führung wurden wir in den Bereich der Informatik zurückgebracht, wo uns 4 Informatikstudenten zugeteilt wurden. Diese sollten uns die Woche ihr Fachgebiet zeigen und uns helfen uns zurecht zu finden, wobei wir auf Englisch kommunizieren würden.

Im Sala de Informatica wurden wir dann auch gleich von ihnen in die Robotik eingewiesen. Mit Hilfe von Legorobotern haben wir daran geknobelt, wie man Farbsensor und Drucksensor in der der Software miteinander verbindet. Hier haben wir uns vor allem die Logik in der Informatik erarbeitet und auch immer wieder nachfragen können, falls es nicht funktioniert hat oder wir etwas nicht wussten.

Mittags wurden wir dann abgeholt und aßen zu Hause. Das ist in Brasilien sehr üblich und wurde auch die ganze Woche für uns gemacht.

Am Nachmittag haben wir unsere Aufgaben mit Bravour gelöst und sind in ein fließendes Gespräch über den Kulturaustausch übergegangen. Hier haben wir auch etwas über die Universität erfahren und interessante Einblicke in ein anderes Schulsystem gewonnen.

Am nächsten Tag wurde uns eine Überraschung bereitet. So durften wir beim Festa Junina dabei sein, welches die Marketingabteilung für uns vorbereitet hatte. Das Festa Junina ist übersetzt das Fest des Junis. Eigentlich sollte es erst eine Woche später stattfinden, aber, um uns die Kultur zu zeigen, hat die Fakultät die Feierlichkeiten vorgezogen. Es handelt sich dabei um ein Volksfest, welches zu Erntebeginn gefeiert wird. Es wurde von den Portugiesen während der Kolonialzeit nach Brasilien gebracht und zählt mittlerweile zu einem der größten Feste nach Karneval.

Vor Ort durften wir außerdem bei der Erstellung von Social Media Werbung helfen und Fotos für die Instagram Werbekampagne für die nächste Woche machen. Dabei durften wir auch in dem der Universität eigenen Radiosender FEMA FM einen Zwischensprecher aufsagen. Auch waren wir in der FEMA TV Produktion, die zwar aktuell nichts produziert, aber bald wieder anfangen möchte. Dort wurde uns zuerst das komplette Equipment gezeigt, welches wir anschließend auch ausprobieren durften.

Am Freitag war schließlich der letzte Tag an der FEMA-Universität. Hier durften wir komplett in die Informatik abtauchen. In diesem Kontext haben wir den Unterschied zwischen den Programmiersprachen gelernt und anschließend auch Grundkenntnisse der Programmiersprache Python erlangt. Die Studenten zeigten uns außerdem Beispiele und Übungsaufgaben, die im Studium aufgenommen werden.

Die zweite Praktikumswoche in Presidente Prudente

In der zweiten Woche waren wir in Presidente Prudente. Hier durften wir uns in der Firma Stetsom umschauen, welche Audioanlagen für Autos herstellt. Dazu gehören auch Alarmanlagen.

Bei Stetsom wurden wir mit einer Präsentation begrüßt und anschließend durch die Firma geführt. Dort gibt es ein Lager mit separierter Anfahrt für Lieferfahrzeuge. Hier werden die Lieferungen sortiert und im Lager in die jeweiligen Regale eingeräumt. Dann werden die entsprechenden Einzelteile genommen und in die Produktion gebracht. Hier wird am Fließband gearbeitet und nach dem Verpacken werden die Gerätschaften stichprobenartig geprüft und dann in den Verkauf online oder im Einzelhandel gebracht.

Nach der Führung wurden wir in 2 Gruppen eingeteilt, welche beide die gleichen Abteilungen durchlaufen würden. Eine Gruppe war als erstes in der Produktion, die andere im Customer Service. Am Mittwoch wurde dann getauscht.

In der Produktion wurden wir mittels einer Präsentation in die Komponenten für einen Amplifier eingewiesen. Anschließend wurden wir dann in zur Vorbereitung der Komponenten gebracht. Dort durften wir auch selbst die Komponenten vorbereiten. Danach wurden wir durch die Platinen-Fertigstellung durchgeführt.

Hier gab es auch einen abgeteilten, sterilen Bereich, in welchem wir uns auch einen Kittel anziehen mussten. Anschließend haben wir uns dann mit der Produktion am Fließband beschäftigt und durften auch hier selbst Platinen stecken. Dabei kam es zu manchen Komplikationen, da wir manchmal nicht hinterherkamen. Danach gingen wir nach und nach die Produktionsschritte durch. So durften wir an den Platinen löten und schrauben, Antihitze-Masse draufmachen und die Gerätschaften testen.

Im Customer Service sind wir in der Kundenbetreuung gestartet. Dort haben wir erst erfahren, was passiert, wenn ein Kunde die Ware zurückschickt. In der Abteilung wird die Ware registriert, dann getestet und repariert und zuletzt per Post zum Kunden zurückgesendet.

Wir durften dann die zurückgesendeten Pakete auspacken und Autoalarmanlagen testen. Anschließend sollten wir bei den Anlagen, welche nicht mehr zu reparieren waren, die einzelnen Komponenten lösen und diese nach Komponentenart sortieren, um sie eventuell später wieder verwenden zu können. Dann haben wir die Markierungen auf den Geräten geändert, um kenntlich zu machen, dass diese vollständig repariert waren. Diese Geräte haben wir dann noch verpackt und an die Kunden zurückgeschickt.

Am Donnerstag durften wir in die Entwicklungsabteilung zu den Ingenieuren gehen. Hier haben wir die neuesten Entwicklungsfortschritte gesehen und die Tools, die sie nutzen. Dabei waren wir überrascht, dass wir die eine Methode kannten: CAD – Computer Aided Design wurde nämlich auch hier genutzt und dank Koljas Unterricht bei proTechnicale konnten wir deshalb viel schneller in die Materie eintauchen.

Anschließend durften wir unter Anleitung unsere eigenen Voltmeter bauen. Diese wurden am nächsten Tag getestet. Glücklicherweise haben sie auch einwandfrei funktioniert, sodass wir sie mitnehmen konnten. Da dies unser letzter Tag war, durften wir zusammen essen gehen, wodurch wir unsere Betreuer noch besser kennenlernten. Unsere Betreuer waren sehr nett und haben jede einzelne Frage beantwortet und, falls sie etwas nicht wussten, haben sie die Frage von Englisch in Portugiesisch übersetzt und die betreffenden Leute gefragt. Die Kommunikation lief also super.

Zum Abschied der Woche haben wir unser Praktikumszeugnis, zusammen mit je einem Amplifier bekommen, welchen wir mit nach Deutschland nehmen durften. Mal schauen wer diesen als erstes in sein Auto einbauen lässt!

Die dritte Praktikumswoche in Marilia

Die neue Woche verbrachten wir in Marilia einer kleinen Stadt in der Region Sao Paulo, die vor allem für ihre Lebensmittelproduktion mit Schwerpunkt auf Süßigkeiten bekannt ist. Am ersten Tag der dritten Woche besuchten wir die Einrichtungen der Jacto-Gruppe und ihrer Tochterunternehmen in ihrer Gründungsstadt Pompeji. Sie arbeiten und produzieren im Bereich der Landmaschinen. Der Rundgang durch die Fabrik beinhaltete einen Minigolfwagen zum Sitzen und eine Menge Fragen. Das umsatzstärkste Produkt des Unternehmens ist ein Druckluftsprühgerät; es war auch das erste Produkt, das der Gründer erfand und verkaufte.

Er gründete auch eine Schule, die später ein Teil der technischen Schule SENAI wurde. Die Schule in Pompeia wird weiterhin in den Fachbereichen Kunststoff und Elektronik unterrichten.

Der neue Tag startete mit einem Rundgang durch die labyrinthartige Süßwarenfabrik „Dori Alimenten“ mit dem Ziel, das Gelände des Industrieparks, die Herstellungsprozesse und die Automatisierung der Industrie mit der Anwendung neuester Technologien kennen zu lernen. Wir kamen uns vor wie in Willy Wonkas Schokoladenfabrik, als wir mit dem anhaltenden Geruch von Bonbons und „Ovomaltine Crunchy“ Snacks in die Fabrik eintraten.

Am Nachmittag besuchten wir den Innovation Hub von „Univem“, ein Zentrum für Start-ups und IT-affine Menschen. Sie arbeiten in gemeinsamen Räumen zusammen, sind aber verschiedenen Unternehmen und Gruppen zugeordnet. Viele dieser Start Ups werden als ausgelagerte Sicherheitsabteilungen, IT-Abteilungen oder Logistikzentren für größere Unternehmen genutzt.

Mittwoch: Ein Besuch der SENAI-Lehrwerkstatt in Marilia, die sich auf die industrielle Lebensmittelverarbeitung und Elektronik konzentriert, zeigte uns ein Schulsystem, das der deutschen „Ausbildung“ ähnelt. Wir selbst wurden über die Hygienestandards in der Industrie unterrichtet und lernten, wie man mit Schokolade und Süßigkeiten arbeitet. Wir stellten Schokoladenbonbons und Dragees her. Sehr süß und sehr lustig.

Am vierten Tag der Woche bekamen wir eine Campus-Tour durch die verschiedenen Einrichtungen der Universidad de Marilia, oder kurz UNIMAR, mit einem Besuch der Versuchsfarm der Universität mit normalen Lamas und Kreuzungen insbesondere bei Geflügel. Der Rundgang führte durch die verschiedenen Abteilungen für Architektur, Physiotherapie, Medizin, Pathologie/Anatomie und das Medienzentrum mit eigenem Radiosender. Ihr neuestes System: ein Raum, der vollständig von Alexa gesteuert werden kann, auch mit manuell gesteuerten Elektrowerkzeugen. Sehr beeindruckend.

Nach dem Mittagessen ging es dann in „Cetesb“, einer Behörde für Umweltschutz im Bundesstaat Sao Paulo, bei der wir einen groben Überblick über die Umweltsituation und ihre Präventionssysteme bekamen. Diese lassen sich auf etwa 0 beziffern, da sie sich eher mit der Beseitigung von Unfällen mit chemischen Stoffen usw. befassen. Sowie um die Besichtigung und Erklärung ihrer Labore. Ansonsten, wurde uns erzählt, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht haben, Wasserqualität und Sauberkeit zu messen und zu kennzeichnen. Wir erfuhren, dass es dafür keine nationale Organisation gibt, sondern jeder einzelne Staat selbstständig die Ziele und Anforderungen umsetzt.

Der letzte Punkt an diesem Tag war die „ZDA-Gruppe“ mit ihrer Schokoladenmarke „BEL“. Der Zeitplan war dem von Dori sehr ähnlich, allerdings auf zwei Stunden zusammengekürzt. Wir besuchten ihre Verarbeitungshallen, sahen ihre neuesten Maschinen und ihre wichtigsten Produkte. Unserem Eindruck nach war die Produktion im Vergleich zu der ersten „Dori“ kleiner, aber mit neuerer Technologie und höherer Qualität.

m letzten Tag der Woche fuhren wir erneut zum SENAI-Gebäude vom Anfang der Woche und hatten praktischen Backunterricht. Dabei stellte wir Croissants her und versuchten uns an einem deutschen Brotrezept. Während des Backens tauschten wir uns über die Unterschiede beim Brotbacken aus. Dadurch, dass wir in Brasilien waren, mussten wir bei den Zutaten für das Brot viel improvisieren, so dass wir kein wirklich traditionelles deutsches Brot herstellen konnten. Der Geschmack war sehr ähnlich, die Konsistenz hingegen sehr weit von dem uns Bekannten entfernt.

Rund um das Praktikum gab es zusätzlich jeden Tag noch ein After-Work-Programm, bei dem wir unteranderem das Museum für Paläontologie, Straßenmärkte, Wälder, Sonnenblumenfelder, Rotary-Treffen in zwei der vielen Clubs von Marilia, Beach-Tennis-Spiele sowie Beach-Volleyball besuchten und schließlich einen großen Schnitzel-Abend für unsere Gastfamilien im Haus von Cavina, einem der Gastfamilienhäuser, machten; selbst gekocht durch uns vier. Für den deutsch-brasilianischen Austausch.

Die vierte Praktikumswoche im Aeroclube Bauru

In der vierten Woche ging es auf den Segelflugzeugclub von Bauru: Aeroclube Bauru. Dort angekommen gab es eine Führung über das Gelände durch die verschiedenen Hallen, in denen die Segel- und Motorflugzeuge des Vereins gelagert waren. Begleitet wurden wir von einem Piloten des Platzes, der sein großes Wissen zu Flugzeugen, Fliegen und allem was dazugehört auf Englisch mit uns geteilt hat. Dabei erfuhren wir, dass der Gründer des Aeroclubes Hendrich Kurt aus Deutschland 1939 kurz vor dem 2. Weltkrieg ausgewandert war und einen der ersten Flugplätze in Brasilien gründete. Im Gegensatz zu Deutschland ist das Fliegen und die Möglichkeit dazu in Brasilien eine deutlich größere Faszination, da die Chancen dazu deutlich seltener sind als in Deutschland. Es gibt nur sehr wenige Segelflugvereine, alles rund um den Flugschein ist noch einmal deutlich teurer für die Einheimischen als im Vergleich dazu in Deutschland und auch die Infrastruktur ist so gut wie nicht vorhanden. Bei der Führung bekamen wir darüber hinaus auch Einblicke in die Flugkontrolle, mit unter anderem Ausführungen zum Aufbau von meteorologische Berichten.

Das Praktikum beim Aeroclube beschränkte sich für die Woche auf wenige Stunden pro Tag. Den Nachmittag verbachten wir daher in einer Supermarktmöbelproduktion, die einem guten Freund unseres brasilianischen Koordinators Alonso gehörte. Wir bekamen dafür spontan eine Führung durch die Produktion der Supermarktholzmöbel, die alle Maßanfertigungen sind und an alle größeren Supermarktketten in Brasilien verkauft werden. Unserer Ansprechpartner vor Ort zeigte uns die verschiedenen Räumlichkeiten wie Marketingbüros, Verwaltung, Produktion, Auslieferung und auch die Pausenräume, die deutlich größer, mit Liegen, Tischkickern, Billard und einem kleinen gemütlichen Außenbereich waren, als die meisten uns bekannten deutschen Firmen. Abschluss des Tages war ein Gespräch mit dem Firmenchef über unsere Eindrücke, Unterschiede zwischen unserem Heimatland und Brasiliens und seiner Vision für seine Firma.

Da es kein Programm auf dem Segelflugplatz am nächsten Tag gab, besuchten wir einen Olympiastützpunkt für Wasserball und Dressur, bei dem Kinder von klein auf durch Sponsoren finanziert, kostenlos gefördert werden, die in allen möglichen Disziplinen rund ums Schwimmen und Pferden auch bei Olympia starten.

Nachmittags waren wir zurück bei unserer Gastfamilie. Das Gebäude ist wie eigentlich alle Gebäude mit Eingangskontrolle gesichert und hat ähnlich wie eine „gated community“ . Es gab einige Gemeinschaftsräume, unter anderem auch einen Pool, einen Sportraum und Sauna. Das Abendprogramm beinhaltete den Besuch der Contemporary-Klasse unserer Gastschwester, zwei von uns tanzten auch mit, die anderen beiden waren bewundernde Zuschauer.

Am folgenden Tag durften wir für ca. eine Stunde einmal in den Flugsimulator des Aeroclubes. Alle bekamen ein kurzes Zeitfenster und durften einmal fliegen und dabei auszuprobieren wie schwierig es ist, selber Pilotin zu sein. Am Abend konnten wir zum ersten Mal Mai Thai, eine Mischung verschiedener Kampfsportarten, ausprobieren. Da alle von uns bereits Kampfsporterfahrungen hatten, haben wir sehr viel Spaß gehabt, mal wieder unsere Fähigkeiten aufzufrischen.

Den Donnerstag besuchten wir den botanischen Garten mit Alonso, lernten die verschiedenen Pflanzen und Natur in Brasilien kennen. Den Nachmittag verbachten wir erneut auf dem Flugplatz und bekamen die Chance, alle einen Flug mit Segelflugzeug über Bauru zu bekommen. Die Thermik war nicht sonderlich gut, daher waren die Flüge nicht besonders lang, wobei man trotzdem einen guten Überblick über Bauru und auch die ärmeren Viertel bekommen konnte. Alle von uns sind vorher bereits schon einmal einen Segelflug gemacht, allerdings war dies das erste Mal für uns alle, dass wir mithilfe eines Motorflugzeugs hochgeschleppt wurden. Auch um das Praktikum herum gab es einen regen Kulturaustausch. So besuchten wir ein vegetarisches, brasilianisches Restaurant, waren in Second Hand Läden, in der Innenstadt und ähnliches.

Am letzten Tag der Woche mit Praktikum bekamen wir eine Führung durch eine Kommunikations-/Kundenservicefirma, organisiert durch den Vater unserer Gastfamilie. Die Aufgabe der Firmen: das Geld von Kunden einzutreiben, die bisher ihre Rechnungen noch nicht beglichen haben. Dafür gibt es große Callcenter, Großraumbüros für die Verwaltung, IT und Entwicklung von neuen Applikationen. Bei einer Führung durch die Firma lernten wir die Firmenabläufe und -prozesse näher kennen.

So wissen wir jetzt zum Beispiel, dass das generelle Kommunikationsmittel im Arbeitskontext WhatsApp Business oder das Telefon ist, es werden so gut wie keine Briefe versendet. Durch unseren technischen Schwerpunkt wurde uns vor allem die IT-Abteilung der Firma gezeigt und erklärt. Auf einem großen Bildschirm wurden auf der IT-Etage alle Kerndaten der Firma im Überblick gezeigt, während uns die Aufgaben der Mitarbeiter erklärt wurde. Die meiste Zeit werden dort Masken für Datenbanken erstellt, um bestimmte Daten schnell zugänglich zu machen, wobei alle Daten redundant auf lokalen Servern gespeichert werden. Dies ist im Gegensatz zu Deutschland deutlich günstiger als Daten in einer Cloud zu speichern.

Die fünfte Praktikumswoche in Bauru bei SENAI

Die fünfte Woche in Brasilien startete mit einem zweiwöchigen Praktikum an der SENAI Schule in Bauru. SENAI bildet junge Schüler im Anschluss der „middle school“ in verschiedenen handwerklichen Berufen sowohl im praktischen als auch im theoretischen Bereich aus. So kann man Berufe wie Mechaniker, Elektriker, aber auch im Konditorei- oder Designbereich dort lernen, ähnlich wie die SENAI in Marilia,

Zu Beginn gab es einen Überblick über die Schule, deren Strukturen und Räumlichkeiten durch den Direktor der Schule. So ist auch der einzige Astronaut Brasiliens dort zur Schule gegangen und sie nehmen auch an sehr vielen internationalen Wettbewerben teil. Zuerst konnten wir erste Erfahrungen im Beruf des KFZ-Mechanikers sammeln, einen drei Kolbenmotor inklusive Kolben, Wasserpumpe und Ölpumpe auseinanderbauen und anschließend wieder zusammensetzen. In Wettbewerben ist diese Disziplin im Gegensatz zu unserer drei Stunden Bearbeitungszeit, in nur 30 Minuten gemacht werden. Wir hatten den größten Spaß die Schrauben mit einer speziellen Drehtechnik, von uns als „wackeln“ bezeichnet, abzuschrauben. Vorher noch als sehr schwierige Technik beschrieben mit genügend Körperspannung für uns aber keine Herausforderung mehr. Nachdem Moira bereits morgens wegen Krankheit nicht kommen konnte, hatte es dann auch noch Zoe erwischt, weswegen die Gruppe weiter schrumpfte.

Nach dem Mittagessen ging es dann um das Triebwerk eines kleinen Passagierflugzeugs. Da dies meistens zu komplex für den Unterricht der Schüler ist, lag schon einiges an Staub auf dem Antrieb. Erste Schritte waren die Sicherungen zu öffnen, einen Druckring zu entfernen um dann eine Kamera einzuführen, worüber man sich dann den Kompressor, das wichtiges Teil des Triebwerks, anzuschauen und wenn notwendig zu reparieren. Parallel dazu haben wir uns mit immer größeren portugiesisch Kenntnissen über die Unterschiede zwischen Brasilien und Deutschland ausgetauscht, so wird zum Beispiel ausschließlich digital gewählt und auch schon mit 16.

Weiter ging es mit einem absoluten Highlight für uns: Autotüren reparieren. Angefangen bei Fehlersuche, Abschleifen, Dellen ausgleichen, abschleifen und lackieren. Und zum Abschluss das Auftragen eines Finishs mithilfe dessen man kleine, feine Kratzer aus der Autotür entfernen konnte und die Oberfläche auf Hochglanz polierte. Zwischendrin durften wir auch an einer Lehrerkonferenz über das neue Schuljahr teilnehmen, da während unserer Zeit die gesamten Schüler in den Ferien waren und erst in der 2. Woche an der Schule zurückkommen sollten. Für uns sehr schwer zu verstehen ohne Portugiesisch Kenntnisse, trotz allem spannend einmal kennenlernen zu können.

Mittwoch und Donnerstag ging es in die Abteilung, in der Elektronik gelehrt wird. Dort haben wir Kabel und Batterien bekommen und eigenständig Stromkreise erstellt, an welche wir eine Lampe angeschlossen haben. Als zweiten Schritt haben wir in die Stromkreise eine Steckdose integriert, dessen Funktionalität wir mit Hilfe vom Anschließen einer Stichsäge getestet haben. Als letzten Schritt haben wir unseren Stromkreis um eine Klingel erweitert, welche bei allen von uns einwandfrei funktioniert hat – zum Leiden unserer Lehrer.

In einem weiteren Labor haben wir weitere Stromkreise erstellt, welche auf Parallelschaltung basieren, sodass man einen An- und Ausschalter für den Stromkreis integrieren konnte. Entgegen unseren Erwartungen war die Aufgabe der miteinander funktionierenden Schalter eine größere Herausforderung als die Integration einer Lampe, einer Steckdose und einer Klingel. Zu guter Letzt durften wir ein Laufband programmieren, welches mit Hilfe von Sensoren erkennen kann, ob ein Gegenstand aus Metall ist als auch die Farbe und die Größe unterscheiden kann. Am Freitag haben wir aus Metall und 3D – gedrucktem Plastik Kanonen gebaut. Hierfür haben wir geschliffen und Löcher gebohrt und dabei verschiedene Maschinen benutzt. Am nächsten Tag durften wir schweißen und haben dafür die passende Schutzausrüstung bekommen. Dabei haben wir versucht, auf ein metallisches Brett in unterschiedlichen Schweißarten gerade Linien zu machen was sich schwieriger erwiesen hat als gedacht. Bis auf extreme Hitze hat das Schweißen unglaublich viel Spaß gemacht! Besonders mit dem Gedanken, dass man solch eine Möglichkeit eher selten bekommt. Auch durften wir die Robotik Abteilung besuchen, welche aktuell an einem großen Wettbewerb teilnimmt, bei dem die Mannschaften Aufgaben bekommen, welche ihre Roboter erledigen sollen. Die diesjährige Aufgabe war es, mit dem Roboter Hütchen auf eine Stange zu bekommen und auf einem Brett zu balancieren. Auch wir durften diese Aufgaben mit dem bereits konstruierten Roboter ausprobieren, was sich als erstaunlich schwierig, aber sehr spaßig gezeigt hat.

Die sechste Praktikumswoche bei STETSOM

In der neuen Woche durften wir erneut viele verschiedene Bereiche der handwerklichen Arbeit kennenlernen. Wir bekamen einige allgemeine Informationen zum Arbeiten mit elektrischen Bauteilen und dann durften wir direkt mit dem Löten einer Stoppuhr starten. Hierfür konnten wir unsere bereits gesammelten Erfahrungen aus Woche 2 von „Stetsom“ nutzen und so die kleinen Bauteile vorsichtig unter Anleitung auf die Platine löten. Zum Abschluss des Tages wurden wir zum „Pasteis“ essen eingeladen, einer sehr leckeren, brasilianischen Teigtasche.

Der nächste Tag begann mit dem Planen eines eigenen Hauses. Hierfür gibt es ein spezielles Programm, dass nach einigen Problemen mit dem Laden auf dem Bildschirm unserer Computer auftauchte. Dann bekamen wir unter Anleitung den Umgang mit den Tools beigebracht. Das ganze erinnerte uns sehr an unsere CAD Stunden des proTechnicale Programms Anfang des Jahres und an das Computerspiel Sims. Ähnlich wie bei dem Computerspiel konnte man alles nach seinen Vorstellungen aufbauen und gestalten. So entstanden in kürzester Zeit komplexe Häuser, inklusive Planung der verschiedenen Böden, Etagen, Inneneinrichtung und Garten.

Am Nachmittag wurden wir dann mit einem Fernsehinterview überrascht. Die Woche zuvor hatte der Direktor uns bereits angekündigt, dass es die Möglichkeit gäbe ein kurzes Interview mit einem regionalen Sender über unsere Erfahrungen in Brasilien, zu machen. An dem Tag war es soweit. Nach einigen Fragen mit unseren Häusern im Hintergrund, machten wir noch einige kurze Videos in allen verschiedenen Bereichen der Schule mit Maschinen, Autos oder einfach kleinere Laufszenen. Wir konnten nur gutes berichten und auf das Video kann man auch immer noch über Facebook zugreifen. (für alle, die es interessiert: https://fb.watch/m2r30WsrGl/?mibextid=Nif5oz)

Den vorletzten Tag verbrachten wir mit dem Lernen verschiedener Photoshop Skills, so konnten wir ein Fanta Logo ausschneiden und einige Einblicke bekommen in den Prozess der Fotobearbeitung. Anschließend konnten wir Farben mit den verschiedenen Anteilen von Pigmenten anmischen, was für den Druck von Verpackungen und ähnliches notwendig wird. Nach dem Mittagessen bemalten wir als Austausch von Brasilien und Deutschland 3D gedruckte Modelle mit dem Logo von proTechnicale und den Hälften der brasilianischen und deutschen Flagge als Zeichen der Freundschaft. Parallel tauschten wir Musik aus, so kennen wir uns inzwischen ganz gut mit brasilianischen Funk, Pagode und weiteren traditionellen Musikrichtungen aus. Auch der deutsche Schlager, deutsche Pop und Klassiker, die jeder kennt, durften nicht fehlen.  

Dann war die Zeit schon wieder vorbei und ein weiterer aufregender, allerdings auch letzter Tag brach an. Am Vormittag konnten wir unsere Fähigkeiten, jeweils zu zweit, im Gipswand bauen erproben. Hierfür wird Schritt für Schritt erst ein metallenes Stützgerüst gebaut, dann die passenden Gipsplatten zurecht geschnitten und anschließend alles passend zusammen geschraubt. Einige Fehler passierten, doch durch die Mentalität der Brasilianer „einfach machen und improvisieren“, die wir inzwischen fehlerfrei anwenden, konnten diese schnell behoben werden. Als nächstes durften wir ein Muster aus Fliesen auf die Gipswand drauffliesen. Fliesen gehört jetzt also auch zu unserem Skill Repertoire.

Am Nachmittag konnten wir dann in einem kleinen Wettbewerb jeder eine eigene, kleine Mauer nach professioneller Anleitung bauen. Das herausforderndste war dafür die Steine passend zurecht zu sägen mithilfe einer riesigen Steinsäge. Die abschließende Bewertung der Mauern durch alle Anwesenden ergab einen kleinen Vorsprung für Zoes Mauer. Dann war auch dieses Praktikum mit einer kleinen Verabschiedung am Ende vorbei und wir mussten unsere Sachen wieder packen.

Den Freitag ging es dann in Richtung Sao Paulo um ein Flugzeugmuseum zu besuchen. Nun kennen wir uns alle deutlich besser mit den Ursprüngen des Fliegens aus. Neben den Gebrüdern Wright gibt es auch noch einen Brasilianer, der ganz mitbegründend für die heutigen Flugzeuge war.

Abends übernachteten wir in einem kleinen Hotel 2 Stunden von Sao Paulo entfernt. Bevor es am nächsten Morgen früh um 6 Uhr zu unserer Stadtbesichtigung in Sao Paulo losging. Zusammen mit unserem Organisator Alonso erkundeten wir einen Street Market, einige Sehenswürdigkeiten vor Ort und den Nachmittag verbachten wir dann im Flughafenhotel um uns vor dem Rückflug noch einmal entspannen zu können. Trotz allem machten wir zum Essern noch einen kleinen Ausflug zum nächst gelegenen Einkaufsmarkt. Dann begann der Kofferkampf. Welche Sachen müssen aussortiert werden, wie vermeiden wir Übergepäck, wie bekommen all unsere Geschenke und Kleinigkeiten aus Brasilien nach Deutschland. Ein wirklich schöner Abschluss in einer der gefährlichsten Städte der Welt und Drogenumschlagsplatz Nummer eins, wie wir im Nachhinein feststellten. Wir sind jetzt auf alles vorbereitet in der Zukunft.

Fazit

Fazit ist, es lohnt sich auf jeden Fall, einen Besuch in Brasilien zu machen, um die Menschen, die Kultur und auch das Essen kennenzulernen. Trotz allem muss man sich der Unterschiede bewusst sein, die auf längere Zeit auch herausfordernd sein können.

Wir haben alle unvergessliche Erinnerungen und Erfahrungen sammeln können. Und „last but not least“ war es für uns auf jeden Fall einer der spannendsten Sommer unseres Lebens. Wir sind unheimlich dankbar für diese wertvolle Erfahrung, die wir im Rahmen von proTechnicale und dank der Sutor-Stiftung machen durften!

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